von Kathrin Ebenhoch
05. März 2024
MAGIER VOR UND HINTER DER KAMERA
Extremkletterer und Bergfotograf Heinz Zak im Portrait
Über den Scharnitzer Heinz Zak ließen sich viele Geschichten erzählen – von seinen Erstbegehungen der schwierigsten Kletterrouten weltweit, von seinem Pioniergeist auf den höchsten Slacklines der Welt, von seinen beeindruckenden Winterüberschreitungen im Karwendel. Hier und heute soll aber, anlässlich seiner Auszeichnung mit dem ITB Berlin Book Award für seinen Bildband „Tirol – Magie der Berge, der Fotograf Zak im Zentrum stehen. Mit dem ein oder anderen Blick hinter die Kamera auf den Menschen, der so vielen in der Region bekannt ist und einen doch aber immer wieder überrascht.
Spätestens seit seinem ersten Buch übers Karwendel von 1990 gilt Zak als Heimatfotograf unserer Region und viele, ob Einheimische, Betriebe oder Gäste, haben das ein oder andere von ihm fotografisch festgehaltene Stück Hochplateau an der Wand hängen. Dass Zak auf Tirols Hochplateau kam und dieses nun nicht nur fotografisch seine Heimat ist, war aber eigentlich reiner Zufall.
Ein Zufall mit immensem Einfluss
Zak wurde 1958 in Wörgl geboren und zog im Volkschulalter mit seinen Eltern nach Axams. Später machte er in Innsbruck eine Ausbildung zum Hauptschullehrer. Als solcher bekam er eine Stelle an der privaten Hauptschule in Scharnitz. Das war der Moment, der einen immensen Einfluss auf sein weiteres Leben haben würde. „Eigentlich wollte ich nur vorübergehend in Scharnitz leben und arbeiten“ erinnert sich Zak. „Aber mir gefiel der Arbeitsplatz besonders, und dann entdeckte ich das Karwendel und die Klettergebiet im Wetterstein und bin geblieben.“ Zuerst faszinierten ihn vor allem die Klettermöglichkeiten, im Laufe der Zeit rückten die Stimmungen, die die Berge und die Natur hier umgeben, in seinen Fokus und den seiner Kamera.
Fotografiert hat Zak schon immer: Bereits als er mit 15 Jahren ernsthaft zu klettern begann und später zu einem der besten Extremkletterer der Welt aufstieg, war die Kamera stets mit dabei. Das Hobby wurde zur Passion, als er auf seinen Kletterreisen in die USA die legendären Landschaftsfotografen David Muench und Ansel Adams kennenlernte. „Ihre Art, nur den Berg, die Natur und die sie umgebende Stimmung abzulichten, war neu.“ Zak begann wie sie zu fotografieren, versuchte besondere Stimmungen am Berg auf Bildern festzuhalten. Damit folgte er seinem Naturell und seiner Leidenschaft für den Berg. „Es gib für mich bis heute nichts Schöneres, als auf dem Berg zu übernachten und die Stimmungen bei Sonnenuntergang und -aufgang zu fotografieren“, schwärmt er. Es sei ein Glück, dass er dies machen dürfe. „Ich habe das beste Leben, das es gibt.“
Sieben Jahre Freude
Die sieben Jahre, die er mit seinem aktuellen Meisterwerk „Tirol – Magie der Berge“ verbrachte, haben ihn glücklich gemacht: Unzählige Stunden am Berg, abertausende Höhenmeter mit 30 Kilo Gepäck, bestehend aus Kamera und Biwakausrüstung, auf dem Rücken sowie stundenlanges Warten zu jeder Tages- und Jahreszeit seien seine größte Freude gewesen. „Darum hab‘ ich die Veröffentlichung auch dreimal verschoben, ich wollte noch ein wenig länger Spaß haben“, meint er verschmitzt, gibt dann aber ernster zu: „Ich hatte auch Angst, dass ich, wenn das Buch mal daliegt, nicht mehr so viel Freude am Draußensein und Fotografieren habe.“ Denn auch wenn Zak aus einer ureigenen Leidenschaft heraus fotografiert, so zieht er doch viel Kraft und Motivation daraus, dass seine Bilder gesehen werden. „Das hilft schon ungemein, um bei Minus 20 Grad im Biwak am Großglockner zu bleiben.“
Nachts am Berg ausharren, das wird er wohl auch weiter tun, denn die Projekte gehen ihm nicht aus. „Wir arbeiten an einer zweiten Version der Musikabende ‚Klangwelt Berge‘, und ich ändere auch ständig etwas an bestehenden Dingen wie meinen Vorträgen.“ So kann man sicher sein, dass die 300.000 Fotos, die Zak seit 2016 für den Tiroler Bildband gemacht hat, nicht seine letzten der heimischen Bergwelt sein werden. Zu fasziniert ist er, den richtigen Moment, das richtigen Licht zu treffen. Den allermeisten Fotos geht daher eine lange Planung voraus: „An fast allen Orten bin ich mehrmals, habe oft ein Bild im Kopf, das ich machen will.“ Der richtige Moment dazu wird dann mit Hilfe von Karten, Wetterbericht, Einheimischen und viel Bergwissen geplant. Und doch braucht es oft mehrere Anläufe, viele Stunden Geduld und manchmal auch ein bisschen Glück. So wie beim Titelbild von „Tirol – Magie der Berge“, Zaks erklärtem Lieblingsbild: „Ich war den ganzen Tag dort oben, und es war lange nicht klar, ob überhaupt noch ein Foto zustande kommt, und dann kam plötzlich dieses Licht.“ Das Licht, das den Zauber des Bildes ausmacht, und Zak komplett gefangen nahm. „So eine Stimmung erleben und fotografisch festhalten zu dürfen, erfüllt mich. Das sind magische Momente.“
Die unglaubliche Vielfalt der Tiroler Bergwelt
Diese fand der Scharnitzer aber nicht nur im sich wandelnden Sonnenlicht. Die Vielfalt in „Tirol – Magie der Berge“ ist erstaunlich: Vom klassischen Bergpanorama aus einem neuen, ungewöhnlichen Blickwinkel über atemberaubende Nachtbilder bis hin zu kunstvoll in Szene gesetzten Blumenwiesen und herbstlichen Farbspielen, ist alles, was Tirol an Schönem zu zeigen hat, da. Auch einige Geheimtipps. Diese zu „verraten“ ist für Zak in Ordnung. „Mein Buch soll auch eine Anregung sein, sich selbst die Zeit zu nehmen, unsere kostbare Natur mit offenen Augen und weitem Herzen zu entdecken.“ Der Scharnitzer wählt dabei bewusst das Medium Buch, weil es nicht so schnelllebig ist und einen anderen gedanklichen Rahmen hat als die sozialen Medien. Zak hat zwar einen Instagram-Account, befüllt ihn aber nur sporadisch. Trotzdem steht er Influencer:innen offen gegenüber: „Ich gönne allen, dass sie ihr Leben so gestalten, wie sie es möchten. Ich durfte das auch.“ Dass manche Postings einen großen Ansturm auf bestimmte Gebiete auslösen, sei sicher unangenehm. Zak selbst berührt dies aber nicht. „Denn um die Uhrzeit, zu der ich dort vorbeikomme, ist selbst an der berühmten Brücke im Zillertal kein Mensch.“
Andere Perspektiven, besondere Blickwinkel
Fotografieren würde er sie wohl nicht, und wenn dann sicher aus einer anderen, ganz speziellen Perspektive. Denn obwohl in seinem Bildband einige klassische Motive zu finden sind, tragen alle Bilder Zaks ganz persönliche, künstlerische Handschrift. Die Kalkkögel (S. 186) wirken wie der Himalaya, weil sie aus einer Perspektive fotografiert wurden, in der der mächtige „Habicht“ eingehüllt in eine Föhnmauer hinter ihnen thront. Der Große Ahornboden strahlt nicht nur in seinem schon Millionen Mal abgelichtetem Goldgelb, sondern auch in saftigem Grün oder verschwimmt impressionistisch im dichten Schneetreiben (S.111 ff). Des Nachts werden seine Bäume zu Statisten für den Sternenhimmel, genauso wie der Großglockner (S. 249), der den Polarstern und unzählbare Sternenbahnen als Krone zu tragen scheint. Für dieses Bild verbrachte Zak nach langer Planung zwei Nächte am Berg, wanderte in der ersten rastlos hunderte Höhenmeter auf und ab für den perfekten Standpunkt, fand ihn aber erst 24 Stunden später im zweiten Anlauf. Um die Farbenpracht eines Gletscherschliffs am Großvenediger (s.41) bei perfektem Licht einzufangen, kam er fünfzehnmal zurück. Nur ganz selten ist ein Foto ein glücklicher Zufall, so wie jenes vom Weg zur Stüdlhütte am Großglockner (s. 30), auf dem Schnee und Fels ein bizarres Muster zeichnen, dessen Fotoqualitäten im Vorbeigehen wohl nur dem geschulten und künstlerischen Auge von Zak auffallen.
Sein Blick hat sich über die Jahre entwickelt, auch dank des Suchers seiner Kamera. Denn im Gegensatz zu vielen Achtsamkeitspropheten, die heute raten, sich nicht durch die allgegenwärtige Handykamera wie Max Frischs ‚Homo Faber‘ vom Erleben zu distanzieren, empfindet Zak den Fotoapparat als besten Begleiter: „Er hilft mir, mich voll zu fokussieren und zu hundert Prozent in den Augenblick einzutauchen.“ Diese Erfahrung gibt er gern in seinen Fotoworkshops weiter, profitiert dort aber auch von den Perspektiven seiner Teilnehmer:innen. „Sie haben dazu beigetragen, dass sich meine Sehweise und Horizonte deutlich erweitert haben.“ Und sie haben Zak, wie er im Vorwort seines Buches schreibt, das wichtigste Anliegen seiner Fotografie bewusst gemacht: „Ich will die Schönheit der Natur in vielfältigster Weise wiedergeben.“ Alles, von der kleinsten Blume bis zu den mächtigsten Gipfeln.
Auf einer Stufe mit den Weltbesten
Mit dieser Vielfalt seiner Fotos hat es Zak geschafft, sich und Tirol auf eine Stufe mit den Werken der berühmtesten Reisefotografen der Welt zu stellen. Deswegen erhielt er für „Tirol – Magie der Berge“ 2024 auf der weltgrößten Tourismusmesse, der ITB Berlin, den ITB Berlin Book Award in der Kategorie Reisebildband. Und reiht sich damit unter den besten Landschaftsfotografen der Welt ein. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass wohl zum ersten Mal einem rein regionalen Bildband diese Ehre zuteil wird, was eindrucksvoll Zaks Aussage im Vorwort seines Buches belegt: „Man muss nicht um die halbe Welt reisen, um magische Plätze in der Natur zu finden. Es reicht, mit offenen Augen und weitem Herzen vor die Haustür zu gehen.“
Handsignierte Exemplare des Bildbands „Tirol – Magie der Berge“ können direkt bei Heinz Zak erworben werden. Weitere Angebote wie Vorträge, die Musikabende „Klangwelt Berge“ oder Fotoworkshops findet man auf www.heinzzak.com
Die bekannte Bergsendung Bergauf-Bergab widmete Zak im November 2024 einen schönen Filmbeitrag. Dieser ist aktuell in der ARD-Mediathek unter https://1.ard.de/heinz-zak abrufbar.
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