von Kathrin Ebenhoch
14. Oktober 2024
PLATEAU PIONIER
Plateau Pionier Hotel Daschil’s Bergland – Familie Daschil
All inclusive und Nachhaltigkeit scheinen Widersprüche in sich. Doch das Hotel Bergland beweist, dass sie sich durchaus vereinbaren lassen. Nötig dazu ist eine feste innere Überzeugung einen besseren Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen zu pflegen und so den vagen Begriff des nachhaltigen Wirtschaftens mit ehrlichen Werten zu füllen.
Wir können nicht alles auf einmal schaffen. Doch das Wichtigste ist, dass wir nie damit aufhören kleine Schritte zu machen.
Das gelinge nur Schritt für Schritt, sagt Markus Daschil, der das Seefelder Hotel seit vielen Jahren zusammen mit seiner Familie führt. Daschil selbst hat in seiner Kindheit, die er zwischen den elterlichen Beherbergungsbetrieben in Seefeld und Reith sowie der Möserer Seestub’n genoss, früh den bewussten Umgang mit der Natur erlernt. „Schwammerl und Beeren sammeln und daraus etwas Einfaches kochen gehört zu meinen ersten Kindheitserfahrungen“, erinnert er sich. Ebenso wurde viel Zeit draußen in der Natur von Tirols Hochplateau verbracht. „Bis heute bin ich dort am liebsten; allein im Wald oder am Berg ist es einfach herrlich.“ Auf diese Erlebnisse besinnt sich der Hotelier immer wieder und versucht getreu seines Mottos „Keep it simple“ die Lösungen in den einfachen Dingen zu suchen.
Reduktion statt Überfluss
So simple war die Umstellung auf ein nachhaltiges all inclusive Angebot dann aber doch nicht. „Gäste erwarten bei all inclusive alles im Überfluss“, sagt der Hotelier. Das passt aber so gar nicht zur Ressourcenschonung. Als erstes entschloss sich Daschil daher zum Konzept „Top Quality all inclusive“, ohne Buffet und mit Tischservice. 2018 trat er der Vereinigung „United against Waste“ bei und entwickelte mit seinem Küchenteam einen ausgeklügelten Plan, wie die Essenabfälle weiter reduziert werden könnten. „Von unseren Gästen bekamen wir oft das Feedback ‚es war gut, aber zu viel‘“, erinnert er sich. „Daraufhin haben wir die Portionsgrößen reduziert und ein Bonsystem eingeführt.“ Standardesser bekamen einen weißen Bon, starke Esser einen blauen, schwache einen roten, Allergiker einen grünen. „So gab es keine Ausreden mehr, und der Müll hat sich um 50 Prozent reduziert.“ Der nächste Schritt erfolgte am Frühstücksbuffet. „Dieses füllen wir maximal zweimal auf, danach gibt es Tischservice.“ Und schließlich ermöglichte die Einführung eines vierzehntägigen Menürades ein gezielteres Einkaufen und Nutzen der Produkte.
Ein weiterer Meilenstein war die Rückkehr zu jenen Wurzeln, die Daschil in seiner Kindheit kennengelernt hat: „Wir sind in den vergangenen Jahren von der internationalen Pinzettenküche weggegangen, hin zu einer modern interpretierten, heimischen Küche.“ Traditionelle, regionale Gerichte, wie Tafelspitz, Saibling und der gute alte Apfelstrudel mit hausgemachter Vanillesauce, finden sich wieder auf dem Menü. Heimischer Honig, selbst eingekochte Marmeladen und Tees aus dem hauseigenen Kräutergarten füllen das Frühstückbuffet. Meerestiere, Avocados oder nicht saisonale Beeren sucht man vergebens. Manchmal würde das reklamiert. „Doch mit viel Kreativität und manch‘ altem Rezept aus Omas Kochbuch können wir immer wieder überzeugen“, sagt Daschil. Auch seine Lieferantenliste hat der Plateau Pionier durchgearbeitet: Neben ausgezeichneter Qualität sind ehrliche Nachhaltigkeit, Transparenz, Regionalität und Müllreduktion seine Auswahlkriterien.
Für die Zukunft wünscht sich Daschil ein weiteres Umdenken bei den Herstellern: „Wiederverwendbare Verpackungen und Refills sind mir ein großes Anliegen.“ Außerdem auch die Weiterverwendung von „Abfallprodukten“. Mit der Tiroler Firma Niederwieser hat der Hotelier dabei tolle Erfahrungen gemacht: „Sie ermöglichen kurzfristige Bestellungen sieben Tage pro Woche, liefern geschält und geben die Schalen als Dünger an ihre Bauern zurück oder verwerten sie in ihrer hauseignen Consommé, die hervorragend schmeckt und ein tolles Basisprodukt für viele Hotelküchen geworden ist.“ Biomüll im Hotel ist dadurch kaum noch vorhanden.
Alles begann mit Grander-Wasser
Der Einstieg ins Thema Nachhaltigkeit erfolgte bei Familie Daschil aber nicht erst durch Müllreduktion und all inclusive Küche, sondern geht weit zurück auf die Wasserbelebung nach Johann Grander. Der Hausherr brachte die Idee dazu von seiner Ausbildungszeit in internationalen Hotels mit und ließ die damals neue Technik 1993 in den frisch übernommen elterlichen Betrieb einbauen. „Wir trauten uns als erstes Hotel die gesamte Wasserversorgung im Haus darauf umzustellen.“ Zu Beginn waren vor allem Reaktionen von Pflanzen und Tieren zu beobachteten, mit der Zeit kam positives Feedback sensibler Gäste. Betriebswirtschaftlich und umwelttechnisch relevanter waren aber die Folgen im Wellnessbereich, in der Waschküche und bei der Hotelreinigung: „Wir konnten die Chemie im Schwimmbad, in der Waschküche und in der Hotelreinigung massiv runterfahren ohne Einbußen in Wasserqualität und Hygiene zu haben“, erzählt Daschil, der sich die zunächst subjektiven Eindrücke mehrmals durch objektive Testverfahren der Chemiehersteller bestätigen ließ. „Die hat das natürlich aufgrund unserer nun geringen Abnahmemengen ihre Produkte weniger gefreut. Für uns aber war es der Einstieg in eine neue Welt, in die Nachhaltigkeit.“
Veränderung in kleinen Schritten
Dem Überraschungserfolg durch Grander folgten viele Schritte in Richtung umweltbewusstes Leben und Wirtschaften. Gemacht wurden und werden sie einer nach dem anderen. „Wir können nicht alles auf einmal schaffen“, gibt Daschil offen zu. „Doch das Wichtigste ist, dass wir nie damit aufhören kleine Schritte zu machen.“ So wird der Hotelgarten seit Jahren garantiert chemiefrei bewirtschaftet, alle nötigen Renovierungsarbeiten ausschließlich mit heimischen Materialien und Dienstleistern umgesetzt. „Unsere Holzelemente sind aus Tiroler Lärche, die Fliesen im Nordic Spa aus lokalen Steinen.“ Renovieren bedeutet dabei nicht immer gleich große Neuinvestitionen, oft geschieht es im Kleinen: So wurden unlängst die älteren Fenster im Haus neu abgedichtet; neue gibt es erst, wenn ein größerer Umbau nötig wird. Auch das ist Ressourcenschonung.
Reduktion in allen Bereichen
Ebenfalls um Ressourcenschonung ging es vor zwei Jahren beim Umstieg auf eine umweltfreundliche Energiequelle. Daschil entschied sich für die lokale Fernwärme und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Doch damit nicht genug. „Wir haben auch die Verteilung im Haus neu geregelt, um Energie einzusparen“, erklärt der Hotelier. Denn entscheidend für eine nachhaltige Veränderung sei nicht nur die sauber gewonnene Energie, sondern vor allem ein deutlich geringerer Verbrauch. So besitzt Daschil zwar natürlich auch ein Hybrid-Auto, nützt für kurzen Strecken aber viel lieber das Fahrrad, motiviert seine Gäste zur öffentlichen Anreise und stellt seinen Mitarbeiter:innen schlicht keinen Parkplatz zur Verfügung, damit auch sie zu Fuß oder per Fahrrad zum Arbeiten kommen.
Kommunikation und Wir-Gefühl
Bei all seinen Entscheidung setzt Daschil auf Kommunikation, gegenüber seinem Personal genauso wie gegenüber seinen Gästen. „Wir führen regelmäßig Gespräche mit unseren Mitarbeiter:innen, damit sie unsere Entscheidungen mittragen und an unsere Gäste weitergeben. Eine Flasche guter österreichischer Wein müsse klar als solche verkauft werden. Der Wert von selbst hergestellter Marmelade, Grander-Wassers, einem chemiefrei mit heimischen Pflanzen bewirtschafteten Gartens und vielen anderen Dingen müsse herausgestellt, und die Menschen dafür sensibilisiert werden.“ Genau das erhofft sich Daschil auch von den Plateau Pionieren. „Wir sind eine einzigartige Gemeinschaft, in der jeder vom anderen lernen kann. Darum sollten wir offen miteinander reden und Neues weitergeben ohne Angst, dass deswegen jemand anderes einen Vorteil hat. Wenn wir das schaffen, kreieren wir ein ganz neues WIR-Gefühl für die gesamte Region.“ Dieses hätte Daschils Meinung nach ein großes Potenzial: „Angefangen beim Wiederbeleben der heimischen Landwirtshaft über einen Wechsel in unseren Einstellungen bis hin zur ehrlichen, in alle Facetten gelebten Nachhaltigkeit.“
Wir sind eine einzigartige Gemeinschaft, in der jeder vom anderen lernen kann. Darum sollten wir offen miteinander reden und Neues weitergeben ohne Angst, dass deswegen jemand anderes einen Vorteil hat. Wenn wir das schaffen, kreieren wir ein ganz neues WIR-Gefühl für die gesamte Region.
Die Fakten in kompakter Form findet ihr im Steckbrief. Weitere Informationen zu den Plateau Pionieren gibt’s hier.