von Tessa Mellinger
11. April 2018
REGIONS-ORIGINALE
Regions-Originale: Bäuerin Maria Gapp
Eine starke Frau: Bäuerin Maria Gapp
Bäuerin Maria Gapp ist das, was man sich unter einer „starken Frau“ vorstellt: Sie kann anpacken, hart arbeiten und hat sich auch von Schicksalsschlägen nicht unterkriegen lassen. Ihr gehört der Gapphof in Reith bei Seefeld – ein Bauernhof, der schon seit über 380 Jahren in Familienhand ist und von Generation zu Generation weitergegeben wird. Das Leben auf dem Bauernhof ist nicht immer ein leichtes – aber gewiss eines, das glücklich macht.
1 Bäuerin, 35 Kühe, und ein Haufen Arbeit
Der Gapphof im idyllischen Reith ist Heimat von 16 Kühen und 19 Stück Jungvieh, einigen Hasen und Hühnern – und von Bäuerin und Gastgeberin Maria Gapp. „Ist das nicht eine Menge Arbeit, so ganz allein?“ fragen wir Maria. „Ja“, lacht sie. „Aber das geht scho’!“. Maria spricht mit einem Strahlen in den Augen und mit einem tiefen Dialekt. Sie ist schlank, fit – ihr tatsächliches Alter sieht man ihr nicht an. Maria ist eine Frau, die gelernt hat anzupacken. Als vor 13 Jahren ihr Mann ums Leben kam, stand sie vor einer mehr als großen Herausforderung: Der Hof, die Tiere, die Zimmervermietung, die Familie – all das musste sie nun alleine meistern. Doch Maria hat es geschafft: Der Gapphof ist fest in ihrer Hand.
Maria stammt ursprünglich aus Oberösterreich, wo sie selbst auf einem Hof aufgewachsen ist. So hat sie die Arbeit am Hof schon von klein auf lieben gelernt: „Schon als Kind bin ich immer gerne mit meinen Eltern in den Stall gegangen“, erinnert sie sich.
Maria Gapp vom Gapphof
Traditionsreiches Erbe
Manchmal wäre es schön, wenn Objekte sprechen könnten. Denn dann hätte der Gapphof uns viele spannende Geschichten zu erzählen. Er hat nämlich schon viele Jahre auf dem Buckel: Bereits im 12. Jahrhundert wurden die Höfe am Weiler schriftlich erwähnt. Seit 1634 gehört der der Familie Gapp und wird seitdem von Generation zu Generation gereicht. 11 Generationen und über 380 Jahre sind das mittlerweile. Ein schweres Erbe, wenn man sich vorstellt, wie viel der Erbhof und seine Bewohner in all diesen Jahren wohl erlebt haben.
„Damals war das mit dem Erbe noch ein wenig anders“, erzählt Maria. Statt den Hof einfach zu erben, mussten die Jungen den Hof nämlich von ihren Eltern abkaufen. Der Grund: Damals gab es so etwas wie eine Pension noch nicht. „Aber wirklich aufhören, am Hof mitzuarbeiten, kann man wohl eh nie!“, schmunzelt Maria wohlwissend. Wer von klein auf gelernt hat, immer zu arbeiten, wird das auch im hohen Alter noch tun.
Potraitfoto von Maria Gapp
16 Stunden plus Arbeitstag
Über das Arbeitspensum von Maria würden viele von uns jammern: Meistens arbeitet sie mehr als 16 Stunden am Tag. Morgens um 4 Uhr steht sie auf, denn dann wollen die Kühe gemolken werden. Im Sommer ist das der Beginn eines langen Tages: Die Feldarbeit, Gartenarbeit und Heuarbeit müssen getan werden, der Stall und die Gäste warten, man muss Brennholz machen, die Zäune richten, die Kühe auf die Weide treiben und wieder in den Stall holen, den Käse und all die anderen Produkte herstellen, alles putzen – und noch so vieles mehr. Die Arbeit geht nie aus. Um 21 oder 22 Uhr ist im Sommer der Arbeitstag vorbei. „Da fällt man dann total kaputt ins Bett!“.
Und dann spielt das Wetter ihr gern mal Streiche: An warmen Tagen stellt sie die Heubelüftung an, um das Heu zu trocknen. Doch wenn sie dann mitten in der Nacht den Donner grollen hört, muss sie schnell wieder aufstehen und aufs Dach steigen, um die Dachziegel wieder aufzulegen. Damit das ganze Heu nicht nass wird und die ganze Arbeit umsonst war.
Der Winter ist ein wenig entspannter – insofern man das sagen kann. Da hört der Tag nämlich „schon“ um 19 Uhr auf. Manchmal hat Maria aber auch Zeit, Ski fahren zu gehen und genießt das umso mehr.
Von Knechten und Mägden zu Maschinen und Technologie
Im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte hat sich einiges am Hof geändert: „Früher hatte man Knechte und Mägde. Heute sind nurmehr ganz wenige Leute am Hof, weil das nicht mehr tragbar ist, dass man jemanden zahlen kann“, erzählt Maria. „Da musst’ froh sein, dass die Familienmitglieder mithelfen.“ Marias Sohn hat zum Glück einen Beruf, in dem er sich auch recht kurzfristig Zeit nehmen kann, um sie im Sommer bei der Feldarbeit zu unterstützen. Die Höfe in Tirol waren immer schon kleinstrukturiert. „Ganz früher hat man davon leben können.“ Heute ist das leider nicht mehr so. Hohe Erhaltungskosten – zum Beispiel der Maschinen – zwingen viele Bauern dazu, einen Nebenerwerb zu haben.
Deshalb ist der Arbeitsalltag vieler Bauern in Tirol ein harter. Um 5 Uhr in der Früh geht es in den Stall, um sich vor der Arbeit um das Vieh zu kümmern. Anschließend geht es ins Büro und abends wartet wieder der Hof.
Wo die Wurzeln liegen
Maria hat sich in Folge dazu entschieden, Gästen aus aller Welt Urlaub am Bauernhof anzubieten.
„Wieso tut man das alles denn, wenn es so viel Arbeit ist?“, fragen wir sie. Die Antwort ist für die Bäuerin eine ganz einfache: „Man ist viel mehr verwurzelt mit allem, weil man es sich hart erarbeiten muss. So hat man einen engen Bezug zu dem, was man seinen Lebtag geschaffen hat und was von Generation zu Generation weitergegeben wurde
Ein Leben mit den Jahreszeiten
Ein Aspekt, den Maria an ihrer Arbeit besonders liebt, ist das Leben mit den Jahreszeiten: „Du erlebst die Jahreszeiten und dadurch kannst du sie noch richtig wahrnehmen!“, schwärmt sie. Sie spürt den Wechsel der Saisonen so intensiv wie kaum jemand anderes. „Im Frühjahr freut man sich schon wieder, was als erstes wieder blüht und wächst, man sieht alles grün werden. Es geht von einem zum andern – man kann alles viel bewusster genießen!“
Ganz typisch ist für sie auch der Unterschied der einzelnen Orte der Region in den verschiedenen Jahreszeiten – ganz besonders im Frühjahr. „In Leutasch kann man im März und April noch Langlaufen und in Reith sind wir mit der Düngearbeit der Felder schon fertig.“.
Doch man ist auch wetterabhängig: „Du hast deine Werkstatt unter freiem Himmel!“, weiß sie. Die Wetterextreme heutzutage machen es ihr oft nicht leicht. Man muss lernen, sich auf das Wetter einzustellen und unterzuordnen, das gilt nicht nur für die Feldarbeit.
Auch die Arbeit mit den Tieren genießt sie sehr: „Jede Kuh wächst dir ans Herz!“, weiß sie. „Manche mag man lieber, manche weniger, aber ich habe oft schon eine Träne vergossen, wenn eine hat gehen müssen! Aber so ist es halt einfach mal, das Leben auf dem Hof: Man kann sie nicht alle behalten.“
Maria stellt ihre eigenen Produkte her
Bewusstsein für regionale Produkte
Aus der Milch ihrer Kühe stellt Maria ihre eigenen Produkte her: Joghurt, Frischkäse, Topfen (Quark) und einen „Kräuter-Rollino“ bereitet sie mehrmals in der Woche zu. Sie hat nämlich nicht nur für ihre Hausgäste gerne eigene Produkte da, sondern beliefert auch Hotels und Betriebe in der Region. Im Sommer können sich Wanderer sogar auf der Nördlinger Hütte mit dem Käse vom Gapphof stärken.
„Ja, auch das ist eine sehr aufwändige Arbeit“, gibt Maria zu. „Aber ich mache es gerne!“ Und ihr ist wichtig, dass Betriebe und Supermärkte regionale Produkte anbieten und vor allem die Bauern aus der Region unterstützen. „Manche Betriebe bei uns zeigen ja, dass es geht!“ Man kann sehr wohl viele Produkte der kleinen Bauern anbieten und so die heimische Landwirtschaft unterstützen. Maria hofft, dass dieses Bewusstsein noch weiter ausgebaut wird und in Zukunft mehr Hotels und Supermärkte Bauernprodukte anbieten.
Maria beim Herstellen von Frischkäse
Hier geht´s zum Gapphof.
Blog Tags
Teilen