von Zeit.los Magazin
11. Juli 2022
SOMMER
Almg'schichten: Die Eppzirler Alm und ihre Wirte
Die Eppzirler Alm liegt auf 1.459 m Seehöhe mitten im Karwendelgebirge. Hier oben ist die Welt eine andere: eine ruhigere, eine beschaulichere, vielleicht auch eine zufriedenere. Christian und Vanessa bewirtschaften die Alm am Schluss des Eppzirler Tales.
Eppzirler Alm: 500 Jahre Geschichte
Die Wurzeln der Alm gehen weit zurück: bereits im 16. Jahrhundert wurde das Eppzirl im „Gejaidbuch der Graffschaft Tirol“ mehrfach erwähnt. Zu dieser Zeit wurde außerdem schon wertvolles Tiroler Steinöl gefördert. Anfangs allerdings nicht sonderlich erfolgreich – die Hochblüte als Bergrevier durchlief Eppzirl erst im 19. Jahrhundert mit der Entwicklung der gusseisenen Schmelztiegel. Damals erhielt die Alm den Zweitnamen „Goldalpe“. In bis zu zehn Gruben wurde in Ölschieferlagern nach dem wertvollen Steinöl gegraben. In den 1920er-Jahren erlebte die Eppzirler Alm dann ihre ganz eigenen „Golden Twenties“. Nebst den noch heute bestehenden Stallungen wurde die Sennhütte errichtet, 1932 die Alm erstmals durch einen Forstweg erschlossen. Bis heute ist sie als Kleinod alpiner Alm- und Hochgebirgslandschaft als solches erhalten.
Laut einer Legende sollen im Zweiten Weltkrieg übrigens mehr als 30 Tonnen Reichsgold verschwunden und zu Kriegsende irgendwo in der Gegend versteckt worden sein. Gefunden hat es bis heute niemand. Solltet ihr zufällig darüberstolpern: gebt bitte Bescheid.
Die Alm heute: ein kleines Paradies
Insgesamt umfasst die Alm ein Gebiet von rund 1.100 Hektar und ist von Anfang Juni bis Ende Oktober (je nach Witterung) bewirtschaftet. Dann weiden auf den Wiesen auch rund 100 Stück Rinder, auf die die Hüttenwirte ein stetig waches Auge haben. Wanderer nehmen immer wieder gerne auf der Sonnenterrasse Platz. Die Speisekarte ist klein, aber mit allem bestückt, was Wandererherzen Freude macht. Serviert werden Speck- und Kasknödel mit Kraut, Suppe oder Salat, ein reichlich bestücktes Jausenbrettl, Speck- und Käsebrote und herrlich duftender selbstgemachter Apfelstrudel.
„Wir legen viel Wert auf Regionalität, deswegen sind unser Speck und unsere Würste aus eigener Produktion“, erzählt Hüttenwirt Christian. „Und auch bei den anderen Produkten arbeiten wir – wo auch immer es geht – mit regionalen Produzenten zusammen.“ Christian und Vanessa sind sich einig: „Wir haben einfach den schönsten Ort als Arbeitsplatz!“
Ein echter Kraftplatz: umgeben von Giganten im Karwendel
Der Rundumblick über die sanften, üppig-saftigen Wiesen des Almbodens auf der einen und auf die zerklüfteten Kalkspitzen des Karwendelgebirges auf der anderen Seite versetzt jeden Besucher in Staunen. Hinter der lieblichen Alm thronen die Erlspitze, die Eppzirler Scharte, die Freiungstürme, die Kuhjoch- und Reither Spitze – die Ausblicke sind wirklich atemberaubend, lassen Wanderer zur Ruhe kommen und spenden gleichzeitig Energie. Für dieses Gefühl muss man im Eppzirl nicht einmal auf den Gipfeln gestanden sein.
Wanderungen zur und rund um die Eppzirler Alm
Zu erreichen ist die Eppzirler Alm über den Forstweg gemütlich in rund zwei Stunden ab Gießenbach. Die Strecke ist familienfreundlich und auch für Kinder gut zu machen. Wer mag, für den ist die Eppzirler Alm der Endpunkt, oder man nutzt sie als Ausgangspunkt für weitere Wanderungen, zum Beispiel über die Eppzirler Scharte zum Solsteinhaus (Gehzeit: 2,5 bis 3 h / Höhendifferenz: 350 m) oder über den Ursprungsattel zur Nördlinger Hütte (Gehzeit: 4,5 bis 5 h / Höhendifferenz: 779 m) beziehungsweise für Gipfeltouren auf eine der Karwendelspitzen.
Ganz Ambitionierte nehmen die Rundwanderung von der Talstation der Bergbahnen Rosshütte über den Schlagkopf, die Eppzirler Alm und die Nördlinger Hütte und über die Reitherjochalm zurück nach Seefeld in Angriff. Die gesamte Strecke ist etwas mehr als 20 Kilometer lang, die Tour dauert rund zehn Stunden und erfordert eine wirklich gute Kondition sowie Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Bringt man das alles mit, ist sie wahrlich sensationell und belohnt mit prickelnden Aus- und Weitblicken und jeder Menge Glücksgefühl. Auch auf der 15. Etappe des Adlerwegs, die vom Solsteinhaus über Scharnitz in die Leutasch führt, kommt man über die Eppzirler Scharte hinunter an der Alm vorbei.
Auf den letzten Metern vor der Eppzirler Alm
Geheimtipp: Herbst im Eppzirl
Wenn es „herbst’lt“ im Karwendelgebirge, wird es im Eppzirl so richtig schön: die Lärchen an den Hängen rund um die Alm verfärben sich in ein leuchtendes Gelbgold, während die Bergspitzen rundherum schon angezuckert sind. An milden Tagen kann man die warmen Sonnenstrahlen auf der Terrasse genießen, in der Stube heizen Christian und Vanessa aber auch gerne den Ofen ein, an dem man es sich richtig gemütlich machen kann.
Wandertipp
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