13. Januar 2020
WINTER
Der Siegertyp vom Karwendel
Die Spuren der ersten Ganghoferläufer führen tief ins Karwendel, nach Hinterriß. Es liegt mitten in einem steilen Tal ohne Ausgang: Vorher kommt Vorderriß, danach nur noch “die Eng”. Hier lebt der alte Förster, Herbert Schafhuber. Heute ist er lange außer Dienst, doch den Archiven der Ganghoferläufe zufolge gewann er 1976 als erster österreichischer Volksläufer den Ganghoferlauf in Leutasch.
Eine ungewöhnliche Laufbahn
Angefangen hat damals eigentlich alles mit dem Wald, erinnert sich der Förster. Nach Abschluss der Forstschule bewarb sich der junge Mann um das Bundesforstrevier im Karwendel und zog in das kleine Holzhaus in Hinterriß. Dass er sich damals dann doch ein bisschen in den Hintern biss, gibt er heute mit einem Lächeln zu: Weil das Skifahren im steilen Rißtal nämlich nahezu unmöglich war, mussten sportliche Alternativen her. So ließ er sich von bayrischen Langläufern irgendwann für den Gleitsport im Schnee begeistern. Zu seiner Zeit war niemand in Österreich fähig mit der Weltspitze im Langlauf mitzuhalten, betont der ambitionierte Volksläufer. Ein uninteressanter Nischensport, denn die Alpen galten seit je her als Hoheitsgebiet der Skifahrer. Sein erstes Equipment bekam der junge Förster darum gebraucht von den Bayern. Der Rest ist heute wohl Geschichte, grinst Herbert Schafhuber.
Portraitfoto von Herbert Schafhuber
Der lange Lauf an die Spitze
Irgendwann lief auf den Hausstrecken um Hinterriß keiner mehr schneller als der Förster, der längst den Wettkampf witterte. Er ließ sich also beim benachbarten Skiclub im Kader aufstellen und ging kurz darauf bei den Tiroler Meisterschaften in Seefeld über 15 Kilometer an den Start. Vielleicht sind ein oder zwei schneller, haben das bessere Equipment, mutmaßte er. Und wurde Vorletzter. Wo andere wohl aufgegeben hätten, brannte Herbert Schafhuber nun voller Trotz für den Sieg.
In der Eng trat sich der ambitionierte Langläufer seine Trainingsspur, 16 Kilometer hin und zurück. Wirklich beigebracht hatte dem Quereinsteiger das Langlaufen niemand, aber wo ein Wille, da auch eine Loipe. Und wo ein Volkslauf ausgetragen wurde, da war dann bald auch der Schafhuber: Koasalauf, König Ludwig Lauf, das Alpen-Tris, sogar den Worldloppet Wasalauf in Schweden besuchte er mit zwei Freunden im Wohnmobil.
Ein Ganghofersieg mit Geschichte
Ich bin und bleibe ein Wald- und Wiesenläufer, gesteht der alte Förster grinsend. Ein Umstand, der ihm beim Ganghoferlauf 1976 den Sieg einbrachte. Am Start erwartete die Läufer damals ein dichtes Schneegestöber. Obwohl sich das Spitzenfeld nach dem Startschuss schnell absetzen konnte, mussten die ersten Läufer die verschneite Spur erst kräfteraubend wieder eintreten. Als die Vorläufer so nach und nach erschöpft zurückfielen, übernahm der Waldläufer die Führung. Das harte Training in der Eng machte sich nun bezahlt, er schaffte Abstand zwischen sich und seinen Nachfolgern, doch irgendwann verließen dann auch ihn die Kräfte.
Startnummer vom Ganghoferlauf
Als er den Atem seiner Verfolger schon im Nacken spürte, kamen ihm aus dem wilden Flockengewirr plötzlich andere Läufer entgegen. Ob es verirrte Touristen waren oder Läufer der Schischule Leutasch, die dem Ganghoferlauf spurend entgegen kamen, kann Herbert Schafhuber heute nicht mehr sagen. Letzten Endes fand er sich so aber plötzlich auf einer frisch getretenen Loipe wieder und fuhr an diesem Tag mit dem ersten österreichischen Ganghofer-Sieg der Geschichte nach Hause.
Die steirische Eiche
Bis heute geht Herbert Schafhuber gerne Langlaufen. Seltener und auch längst nicht mehr so schnell wie früher, aber seine Hausstrecken läuft er immer noch gerne ab. Einmal nahm er da auch den Arnold Schwarzenegger mit, in jungen Jahren ein regelmäßiger Gast. Als der Arnie eines schönen Wintertages das Langlaufen ausprobieren wollte, nahm ihn der erfahrene Förster mit auf die Loipe in der Eng. Der Steirer war schlussendlich so begeistert vom Gleitsport des Försters, dass er seinen Lehrmeister auch gleich für den nächsten Tag verpflichtete. Als Herbert Schafhuber aber zur vereinbarten Zeit im Gasthof vorstellig wurde, war weit und breit kein Arnie zu sehen.
Arnold Schwarzenegger als Gast bei Herbert Schafhuber
Erst als gegen halb elf der zweite Kaffee kam, hörte man den Arnie breitbeinig die Stiegen heruntersteigen. Kleinlaut entschuldigte er sich beim bestellten Trainer, er könne kaum gehen. Der Schafhuber aber schmunzelte, er kannte die berüchtigte Langläuferkrankheit nur allzu gut. Und so saß er an diesem Vormittag einfach neben der steirischen Eiche in der Sonne und trank Kaffee. Schließlich können wohl nur die wenigsten von sich behaupten, einen Arnold Schwarzenegger in die Knie gezwungen zu haben.
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