von Nicolas Lair
08. Januar 2024
Nordic Combined Triple 2024
Der Triple-Champion in der Rolle des Jägers
Vor knapp einem Jahr mischte ein 21-jähriger Tiroler den gesamten Kombinierer-Weltcup auf. Johannes Lamparter gewann damals sensationell die 10. Ausgabe des Nordic Combined Triple in Seefeld und erfüllte sich damit einen seiner größten Träume. 2024 möchte er diesen Erfolg wiederholen und gleichzeitig seinen größten Konkurrenten von der Spitze der Gesamtwertung verjagen. Wie er das anstellen will und wie er drei Tage Weltcup-Kampf hintereinander bewältigt, hat mir der Haller in einem persönlichen Gespräch erzählt.
Mit Anlauf nach Seefeld
Seit Ende November läuft die Saison in der nordischen Kombination und die Österreicher können sehr zufrieden sein. Gleich fünf Athleten sind bei den Männern in den Top 20 vertreten. (Fast) an der Spitze befindet sich Johannes Lamparter, der mir bei unserem Gespräch einen zufriedenen Eindruck macht: "Ich bin gut in die Saison rein gestartet und wir haben auf der Schanze einen echt guten Job gemacht. Bei den ersten beiden Stationen hatten wir ein paar Probleme mit dem Material, das haben wir aber schnell in den Griff bekommen." Besonders als er vom letzten Rennen erzählt, kommt er ins Grinsen: "Die letzten beiden Heimsiege in der Ramsau waren natürlich cool, da kann ich mir nichts Besseres vorstellen. Da habe ich gesehen, dass ich, wenn alles zusammenläuft, konkurrenzfähig gegenüber (Jarl Magnus) Riiber bin." Der Haller sieht den Triple-Gewinner von 2020 und 2021 als den Konkurrenten den es heuer zu schlagen gilt: "Ich glaube schon, dass er im Moment noch den Ton vorgibt, aber er ist schlagbar, das hat man gesehen. Alles in allem bin ich mega happy, wie die Saison bis jetzt läuft."
Johannes Lamparter vor der Toni Seelos Schanze in Seefeld
In den Wochen vor dem Triple trifft man den amtierenden Gesamtweltcup-Sieger oft beim Training in der Region Seefeld
Noch nicht das Maß der Dinge?
Mit dem Triple-Pokal 2023 und dem Sieg im Gesamtweltcup im vergangenen Jahr habe ich mir die Frage erlaubt, ob er sich noch nicht als das Maß der Dinge in der Kombination sieht. Darauf bekam ich eine deutliche Antwort: "Nein, sicherlich noch nicht. Man sieht ja auch am Gesamtweltcup, er (Jarl Magnus Riiber) führt, ich bin Zweiter. Ich weiß, es ist schon immer noch so, wenn er seine Sachen macht und anfängt diese zu perfektionieren, dann ist er wirklich schwer zu schlagen. Aber: Er ist zu schlagen! Dafür muss dann halt bei mir alles zusammenpassen. Das hat jetzt schon das ein oder andere Mal geklappt, aber nichtsdestotrotz gibt es auch noch Reserven von meiner Seite. Diese werden wir jetzt versuchen auszuschöpfen."
"Das war gar nicht so ohne. Ich bin dagestanden am Sonntag in der Früh und habe gewusst: Ich will das unbedingt gewinnen."
Heimspiel unter großem Druck
Als wir so über die vergangene Saison zu sprechen kamen, wollte ich natürlich wissen, wie es für den damals erst 21 Jahre jungen Johannes Lamparter war, den Triple-Pokal vor den heimischen Fans in die Höhe zu stemmen. "Ich muss sagen: Das war gar nicht so ohne. Ich bin dagestanden am Sonntag in der Früh und habe gewusst: Ich will das unbedingt gewinnen. Ich habe gewusst, ich bin in einer total guten Verfassung, war aber gleichzeitig total im Tunnelblick, um alles um mich herum auszublenden und mich aufs Rennen zu konzentrieren. Ich habe auch versucht das ganze Rundherum in positive Energie umzuwandeln, habe aber selbst einen irrsinnigen Druck verspürt, dass ich jetzt performen muss. Es waren ja doch Familie, Freunde und die Vorstellung das Triple zu Hause zu gewinnen da." Anscheinend konnten ihm die äußeren Einflüsse aber nichts anhaben: "Dann unter diesem Druck so zu performen am Sonntag, das war sicherlich einer meiner besten Wettkämpfe überhaupt – den werde ich nicht so schnell vergessen. Da oben zu stehen, die Hymne zu hören und so viele Leute die ich kenne, vor mir zu sehen, das war ganz was Spezielles."
Da kann man schon mal strahlen...
Vor knapp einem Jahr holte sich Lamparter in Seefeld den Triple-Pokal
Gesamtweltcup(s) und downs
Am Ende der Saison hatte der junge Tiroler dann nicht nur das Triple, sondern auch den Gesamtweltcup in der Tasche. Weil ich mir dieses Gefühl so gar nicht vorstellen konnte, musste ich mich nach seinen Emotionen in diesem Moment erkundigen: "Das ist anders als z.B. beim Triple. Wenn du den Weltcup gewinnst, kommen die Gefühle irgendwie nicht so an einem Tag. Da kommen Gefühle von der ganzen Saison zusammen, das dauert etwas länger das zu verarbeiten. Ich habe mich an den schlechten Saisonstart, an einen wahnsinnig guten Jänner und Feber und eine WM die so lala war erinnert. Das ist einfach ein anderes Gefühl wie z.B. das Triple in Seefeld - da muss am Tag X alles zusammenpassen. An dem Tag wo du den Gesamtweltcup gewinnst kannst du einfach sagen, du warst über die ganze Saison der Beste, das ist dann schon nochmal was Spezielleres und das Größte, was man glaub‘ ich in meiner Sportart gewinnen kann." Nach dieser Antwort musste ich nochmal nachbohren und nach dem genauen Moment fragen, an dem er die Kristallkugel überreicht bekam: "In dem Moment wo man die Kugel in die Hand bekommt, ist das natürlich schon eine Erleichterung und ein Gefühl als würden 1000 Ketten wegfliegen, weil man halt doch bis zum letzten Wettkampf voll unter Druck und vollem Strom steht. Wenn das alles wegfällt, das ist schon fein."
Große Erfolge sorgen für große Emotionen
Im Publikum findet Lamparter vor allem bei den Heimbewerben viele vertraute Gesichter
Wie wird man zum Wiederholungstäter?
Nach einem kurzen Ausflug in die Vergangenheit wollte ich vom Titelverteidiger wissen, was es braucht, um so einen Erfolg zu wiederholen: "Im Springen muss man ganz vorne dabei sein. Beim Lauf musst du dann auf alles gefasst und bereit sein. Einen Vorsprung ins Ziel bringen oder eine Entscheidung im letzten Stieg, beides ist möglich. Grundvoraussetzung ist für mich, dass ich im Springen vorne dabei bin. Meine Langlaufform stimmt mich positiv und dann brauche ich noch den richtigen Tag, um bereit zu sein, über meine Grenzen hinauszugehen."
Die Langlauf-Form stimmt
Auf der Loipe kann Johannes Lamparter auch heuer überzeugen
Eine Woche im Leben eines Weltklasse-Kombinierers
Weil wir uns während eines Trainings in Seefeld getroffen haben, möchte ich von Johannes wissen, wie so eine typische Woche in der Saison bei ihm aussieht: "Meistens ist es so, dass man am Montag nach Hause kommt vom Weltcup oder ihn als Ruhetag zum Entspannen und Regenerieren nutzt. Dann geht es weiter mit Krafttraining, Langlaufeinheiten und manchmal auch Skispringen. Am Donnerstag geht es dann bereits wieder los mit der Weltcup-Reise. Am Freitag heißt es Training, Training, Training und Samstag und Sonntag ist Wettkampf. Am Montag geht’s dann wieder heim für den Ruhetag. Das ist eigentlich immer so ein Radl. Wenn jetzt natürlich eine Pause ist, dann hat man mehr Zeit zum Trainieren aber auch zum Erholen – da muss man immer schauen, dass das Gleichgewicht stimmt. Von der Freizeit bleibt in dieser Zeit wenig übrig."
Kaum im Ziel geht die Reise schon weiter
Während der Weltcup-Saison haben die nordischen Kombinierer ein straffes Zeitprogramm
Ein Sport für Mentalitäts-Monster?
Wenn ich mir die Kombinierer im Fernsehen so ansehe, dann sehe ich immer sehr angestrengte und konzentrierte Gesichter. Daher möchte ich wissen, wie mein Gesprächspartner den mentalen Part seiner Sportarten einschätzt: "Die mentale Rolle würde ich schon als sehr groß bezeichnen. Beim Absprung muss alles in einer Zehntel-Sekunde zusammenpassen und da macht das Mentale sehr viel aus. Ich glaube tatsächlich, dass die mentale Rolle beim Springen größer ist. Natürlich muss man aber auch beim Langlaufen im Kopf ready sein um sich dann quälen zu können. Und dann kann man es auch. Generell im Leben und im Sport sowieso spielt sich viel im Kopf ab." Auf die Frage, wie viel Prozent er dem mentalen Part geben würde, bekam ich eine für mich überraschende Antwort: "Ich würde sagen, dass es bei diesen beiden Sportarten, speziell dann in der Weltspitze sehr oft der Kopf ist, der über den Sieg entscheidet. 20 bis 30 Prozent würde ich der mentalen Komponente sicherlich geben."
"Ich würde sagen, dass es (...) speziell in der Weltspitze sehr oft der Kopf ist, der über den Sieg entscheidet."
Angriff auf die Kraftreserven
Um den Kreis zu schließen, frage ich Johannes, wie er sich auf Seefeld 2024 vorbereitet: "Das Wichtigste ist, dass man fit und gesund ist, damit man seine ganze Energie in dieses Wochenende stecken kann. Es sind dann eigentlich nicht die Vorbereitungen entscheidend, sondern eher wie man von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag geht. Zwei Wettkämpfe sind normal für uns, das packen wir eigentlich, aber bei den drei in Seefeld ist es besonders wichtig, sich die Energie gut über das ganze Wochenende einzuteilen. Man muss auch am Sonntag noch 100 Prozent dastehen können. Klar, es ist für alle gleich, aber das Triple ist schon kräftezehrender als ein „normales“ Wochenende."
Nach dem Springen ist vor dem Springen
Drei Tage lang geht es beim Triple in Seefeld rund - am Ende gewinnt, wer an Tag drei noch 100% geben kann.
Alles für den gemeinsamen Erfolg
Am Ende unseres Gesprächs bitte ich den amtierenden Triple-Champion noch um eine Message an die Fans: "Ich kann das Triple in Seefeld jedem nur empfehlen. Die Gänsehaut-Momente die ich letztes Jahr erleben durfte, mit so vielen Leuten und auch beim Zuschauen – es ist einfach spannend das Ganze zu erleben. Wir sind heuer echt gut als ganzes Team drauf und ich fühl‘ mich auch selbst richtig ready. Wir können wieder jeden Daumen gebrauchen, um am Ende miteinander oben stehen zu können."
Vorfreude auf ein großes Publikum
Johannes Lamparter teilt seinen Erfolg gerne mit den Fans - auch heuer freut er sich auf ein großes Publikum in Seefeld
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