von Tessa Mellinger
19. November 2019
WINTER
Der Teufel in Person: Krampustreiben in Seefeld
Bald ist es wieder so weit: Der Krampustag rückt näher und man hört in der Ferne schon das schaurige Läuten der Glocken der Krampusse und Teufel. Was bei dem einen für eiskalte Schauer und Angstschweiß sorgt, löst bei dem anderen Glücksgefühle aus. Daniel (Danny) White ist einer der sehr, sehr wenigen Menschen, die mit Vorfreude statt Angst an den Krampustag denken. Noch bevor er wirklich laufen gelernt hatte, war für ihn klar, dass er einmal Krampus werden will. Da drängt sich natürlich die Frage auf: Warum?!
Die Bösen werden bestraft: ein uralter Brauch
Für alle (Glücklichen), die dem Krampus noch nie begegnet sind und ihn nicht kennen: Der Krampus ist ein jahrhundertealter Brauch aus dem Alpenraum. Er ist der Begleiter des Nikolaus und soll als schauriger Widerpart die bösen Kinder bestrafen. Dabei trägt er gruselige Felle, eine angsteinflößende Larve (Maske) und hat immer eine Rute bei sich, von der man lieber nicht erwischt werden möchte. Mit seinem abscheulichen Aussehen erinnert er an den Teufel. Der Brauch des Krampus gehört zu den Adventbräuchen und ist im gesamten Alpenraum unterschiedlich. In unserer Region beginnt er Ende November und dauert bis zum Nikolaustag.
Gruppenfoto Krampuse
Krampusse sind daher vor allem eines: ziemlich gruselig. Es gibt kaum ein Kind, das keine Angst vor dem Krampus hat und das gilt auch noch für viele Erwachsene (obwohl wahrscheinlich die wenigsten das zugeben würden). Ich zumindest mag den Krampus nicht. Ich halte lieber Abstand von den unheimlichen Fratzen, zotteligen Fellen und schmerzhaften Ruten der Krampusse. Bei Danny ist das ganz anders. Er ist einer dieser schaurigen Figuren, die im Winter die Gassen unsicher machen.
Liebe auf den ersten Blick… mit dem Krampus
„An meinen ersten Krampustag erinnere ich mich wie heute“, erzählt Danny mir. „Damals war ich 4 Jahre alt.“ Und während alle anderen 4-Jährigen sich beim Anblick der Krampusse in die Hosen gemacht haben, war Danny völlig fasziniert. Liebe auf den ersten Blick quasi… mit dem Krampus. Direkt nach dem ersten Krampuslauf machte Danny sich daran, sein eigenes Gewand zu basteln, aus Pappmaschee und mit einer Gummimaske. „So ganz professionell hat das noch nicht ausgeschaut“, erinnert er sich. „Meine Tante aus Kärnten hat mir ein Fell zusammengenäht. Das hätte eigentlich schwarz werden sollen, war dann aber blau. Ein komischer Krampus, aber das war halt mein erstes Krampusfell.“, lacht er. Mit 6 Jahren ist der dann das erste Mal mitgelaufen und dem Brauch bis heute treu geblieben.
„Alle anderen Kinder haben auf Handys und Spielzeuge gespart, ich habe jeden Schilling auf die Seite gelegt, damit ich mir eines Tages meine erste eigene Holzmaske kaufen kann.“ Mit 9 Jahren hat das dann endlich geklappt. „Ich habe sie wochenlang mit im Bett gehabt, weil ich so eine Freude damit hatte“. Ein paar Jahre später folgte dann das eigene Fell und seit 12 Jahren ist Danny nun schon Obmann-Stellvertreter der Pfaffenhofer Tuifl.
Danny White mit Krampuslarve
Wenn die Tage wieder kürzer werden und es November wird, zieht es mir schon die Ganslhaut auf.
„Ein wenig verrückt sind wir vielleicht schon“
Die Pfaffenhofer Tuifl sind ein besonders traditionsbewusster Krampusverein, die sehr viel Leidenschaft und Arbeit in ihre Masken und Verkleidungen stecken. Die Larven sind immer aus Holz und mit Hörnern ausgestattet, die Felle müssen echt sein. Das Besondere: es gibt jedes Jahr neue Krampusfiguren. Während der Obmann die Larven schnitzt, basteln die Krampusse viele Gewänder mühevoll selbst. Diese Handarbeit zahlt sich aus – auch wenn ich dem Krampus lieber nicht begegnen mag, bewundere ich doch die aufwändigen Kleider und Masken.
Hier eine kleine Auswahl der Pfaffenhofer Tuifl aus den Jahren 2010 bis 2018 (Achtung, nichts für schwache Nerven…):
Krampus zu sein, ist mit sehr viel Mühe, Aufwand und auch Kosten verbunden. Zwischen 1.500 und 2.000 € kosten Larve, Fell und die teuflischen Accessoires.
Krampustreiben in Seefeld: Echte Tiroler Tradition
Vor über 10 Jahren hat Danny das Krampustreiben in Seefeld ins Leben gerufen. „Ich wollte immer gerne einen Lauf in Seefeld haben, der den Brauch so zeigt, wie er immer war.“ Das Krampustreiben ist damit ein Lauf mit sehr viel Tradition und Brauchtum, wie es sich früher schon gehörte. Shows, künstliche Inszenierungen und Alkohol bei den Krampussen vor dem Lauf sind ein absolutes No-Go. „Wir laden nur Gruppen ein, die wir persönlich kennen und mit denen wir befreundet sind.“ Auch wer den Krampus fürchtet, sollte das nicht verpassen.
„Die Kinder sollen ab Ende November ruhig noch ein bissl Schiss vor dem Krampus haben“, gibt Danny mir am Ende mit. „Wenn die Eltern sagen: Pass auf, was du tust, sonst nimmt dich der Krampus mit!, sollen die Kinder sich ein wenig fürchten, so wie wir uns früher.“ Daher ist das Krampustreiben sicher nichts für schwache Nerven (wie meine…) und ängstliche Gemüter sollten das Spektakel lieber aus der dritten Reihe bewundern. Wir freuen uns, Bräuche mit Veranstaltungen wie dem Krampustreiben jedes Jahr aufleben zu lassen und althergebrachte Traditionen aus der Region zu pflegen.
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